Rede anlässl. der 33. Sitzung des Deutschen Bundestags
Herr Präsident! Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen!
Bürokratieabbau in der Pflege. So lautet dieser Antrag. Dass Sie, die FDP dies so wörtlich nehmen würden hätte ich nicht erwartet. Es ist wahrer Bürokratieabbau den Antrag vom Juni letzten Jahres, ohne ihn zu aktualisieren, heute einfach wieder aufzuwärmen.
Das Thema "Bürokratie-Abbau" ist zur Zeit zu Recht in aller Munde. So auch im Bereich der Pflege. Da muss etwas passieren - keine Frage.
In Bezug auf die Doppelprüfungen, die umfangreichen Dokumentationen oder unzähligen Verordnungen.
In diesem Antrag der FDP stecken viele richtige Ansätze, zum Beispiel:
- Die vorgeschlagene Arbeitsteilung zwischen Heimaufsicht für die Struktur-Qualität und MDK für die Ergebnis-Qualität - Die Überprüfung und eventuell auch Streichung der Leistungs- und Qualitätsvereinbarung - Die Harmonisierung von SGB XI und Heim-Gesetz oder - Die Reform des Heim-Gesetzes, um Neue Wohnformen nicht weiter zu behindern sondern zu fördern.
Diese Vorschläge sind ja allesamt im letzen Jahr auch vom "Runden Tisch Pflege" gemacht worden.
Von dem "Runden Tisch" übrigens, den die FDP ja ziemlich angreift in ihrem Antrag.Also, so viel weitgehender sind Ihre Vorschläge nun auch nicht, verehrte Kolleginnen und Kollegen.
Wie dem auch sei: Wir könnten uns sicherlich darauf verständigen, dass schon viel gewonnen wäre, wenn man die Empfehlungen des "Runden Tisches" endlich mal umsetzen würde.
Aber, meine Damen und Herren,
kommen wir noch mal zu den beiden genannten Forderungen zum Heimgesetz. Die können wir ja, so wie es ausschaut, vergessen.
Denn, das Heimgesetz soll mit der Föderalismus-Reform an die Länder gehen.
Und wenn das wirklich passiert, dann können wir uns hier im Bundestag auf den Kopf stellen. Dann können wir nämlich am Heimgesetz gar nichts mehr ausrichten.
Und genau zu diesem Punkt, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der FDP,hätte ich mir schon auch ein Wort in Ihrem Antrag gewünscht. Ich wüsste wirklich gerne, wie Sie eigentlich dazu stehen.Selbst Union und SPD äußern ja inzwischen öffentlich ihre Bedenken gegen die Verlagerung des Heimrechts.
Und, das darf ja auch mal gesagt werden: Hier hat die Große Koalition unsere volle Unterstützung!
Meine Damen und Herren,
lassen Sie mich noch zwei grundsätzliche Anmerkungen zu diesem Antrag der FDP machen.
Erstens: So lobenswert ich das Anliegen der FDP, Bürokratie abzubauen, finde, so unbehaglich ist mir der Grund-Duktus des Antrages.
Wenn ich lese, dass die Mitwirkungsrechte der Bewohnerinnen und Bewohner im Heimrecht wenig bringen, sondern nur den Aufwand steigern, dann macht mich das schon sehr stutzig.
Ich bekomme beim Lesen Ihres Antrages den Eindruck, als sei die Mitwirkung der Heim-Bewohner in Ihren Augen eine reine Last - und gehörte am Besten abgeschafft.
Die Beteiligung der Heimbewohner ist aber ein elementares Recht, dass doch wohl eher gestärkt als abgebaut werden muss.
Und ich sage Ihnen aus eigener Berufserfahrung, und die liegt bei mir nicht so lange zurück wie bei vielen anderen hier: Gerade das Instrument des Heimbeirates ist für die Menschen dort sehr wichtig. Ich habe regelrechte Heimbeirats-Wahlkämpfe in Altenheimen erlebt.
Das hat im Übrigen auch etwas mit Freiheit zu tun.
Aber, es ist ja nichts Neues, dass der Freiheitsbegriff der so genannten Liberalen enge Grenzen hat.
Damit komme ich auch direkt zum zweiten Punkt: Jede bürokratische Regelung kann und sollte darauf untersucht werden, ob sie Sinn macht, ob sie sich mit anderen Regelungen reibt usw.
Aber: solche Regelungen - unsinnig oder nicht - entstehen nicht einfach so, um die Liberalen in diesem Land zu ärgern, sondern sie sind der Versuch einer Antwort auf konkrete Probleme.
Die Kolleginnen und Kollegen von der FDP aber machen es sich sehr einfach.
Die Qiuntessenz Ihres Antrages lautet:
"Bürokratie ist per se schlecht, Bürokratie-Abbau ist per se gut."
Bürokratie-Abbau bedeutet gleichsam Freiheit.
Und genau das ist einfach der falsche Weg.
Denn die Probleme werden dadurch eben nicht gelöst, sondern sie werden einfach unter den Teppich gekehrt.
Wir müssen vom Problem her denken. Und hier bedeutet das: - Welche Erwartungen haben wir an Pflege und an Pflege-Qualität? - Oder um es auf den Punkt zu bringen: Wie, Herr Lanfermann, möchten Sie denn im Alter gepflegt werden?
Vielen Dank!