Elisabeth Scharfenberg, Mitglied im Deutschen Bundestag

Mitglied im Deutschen Bundestag

PM zu den Äußerungen von Willi Zylajew im Deutschlandradio Kultur

Warteschleifenpolitik und Flickschusterei in der Pflegrefor

05.01.2007

Zu den Äußerungen von Wlli Zylajew kann man nur fassungslos den Kopf schütteln. Welchem Irrglauben unterliegt der pflegepolitische Sprecher der Union, wenn er behauptet, die Pflegeversicherung sei bisher solide finanziert und er sehe daher keinen dringenden Reformbedarf? Es ist fraglich, ob dies auch die Meinung von Merkel und Co sowie dem Koalitionspartner SPD ist.

Uneingeschränkt kann ich Herrn Zylajew bei der Einschätzung der bisherigen Reformarbeit der großen Koalition im Bereich Gesundheit zustimmen: Es ist wirklich an der Zeit, endlich vernünftig und nicht so knapp zu planen wie bei der Gesundheitsreform. Die Bürgerinnen und Bürger erwarten zu recht schlüssige Reformen und keine Warteschleifenpolitik als Überbrückung bis zur nächsten Bundestagswahl.

Die große Koalition agiert beschämend. Aus Herrn Zylajews Äußerungen wird nur allzu deutlich, dass es überaus große Meinungsverschiedenheiten im Hinblick auf die Reform der Pflegeversicherung gibt: die Union möchte eine Kopfpauschale zur Finanzierung einer Demographiereserve - die SPD lehnt eine Zusatzversicherung über Pauschalen ab. Der zeitliche Rahmen ist offensichtlich derzeit vollkommen unklar.Wenn jetzt, wie von der Union vorgeschlagen, Teilaspekte wie etwa höhere Zahlungen an Demenzkranke vorgezogen werden, endet die dringende Pflegeversicherungsreform als Flickschusterei. Dies ist für alle Betroffenen unzumutbar.

Eine Pflegereform verdient ihren Namen erst dann, wenn sie eine Finanz- und eine Strukturreform umfasst. Die Finanzierung der Pflegeversicherung muss sozial gerechter und nachhaltiger werden. Wir Grüne plädieren im Kern für die solidarische Bürgerversicherung und ergänzende Finanzierungselemente im Sinne einer Demografiereserve. Es gilt eine simple Wahrheit: Entweder fließt mehr Geld in die Pflegeversicherung, oder es müssen Leistungen gekürzt werden. Dies verbirgt sich ungeschönt hinter Herrn Zylajews Einschätzung einer "soliden Finanzierung".

Die beste Reform macht keinen Sinn, wenn nicht die Versorgungsstrukturen besser auf die Bedürfnisse der Pflegebedürftigen zugeschnitten werden. Dazu gehören die Stärkung der ambulanten Pflege, der Pflegeberatung und Neuer Wohnformen genauso wie verlässliche Rahmenbedingungen für die stationäre Pflege. Dringend notwendig sind Leistungsverbesserungen für Menschen mit Demenz, geistigen oder psychischen Behinderungen, mehr Anreize für Prävention und Rehabilitation sowie eine Bürokratie, die auf das Notwendige beschränkt bleibt. Dies alles kann nicht länger warten. Ein Verschieben der Reformen über das Jahr 2007 hinaus ist den Pflegebedürftigen und ihren Angehörigen gegenüber nicht zumutbar.

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