Für die Europäische Union ist die Entscheidung der Wählerinnen und Wähler in Großbritannien ein historischer Rückschlag. Ich bedaure, dass gerade in einer Zeit in der Europa gefordert ist, mehr Gemeinsamkeit zu zeigen anti-europäische Haltungen die Oberhand gewonnen haben. Die Entscheidung der Wählerinnen und Wähler in Großbritannien ist zu akzeptieren und in einem fairen Austrittsvertrag umzusetzen. Gleichzeitig geht es für die künftig 27 Mitgliedsstaaten darum, sich zu vergegenwärtigen welche Bedeutung die Gemeinschaft für Frieden und Wohlstand in Europa hat.

Die Europäische Union steht vor großen Herausforderungen. Anti-europäische, nationalistische Stimmungsmacher sind in vielen europäischen Ländern im Aufwind. Europa kann aber als Wertegemeinschaft und starker Wirtschaftsraum die globalen Herausforderungen auch in Zukunft nur gemeinsam lösen. Wer nationaler Kleinstaaterei das Wort redet, wendet sich ab von der Zukunft. Unserem Ziel den Zusammenhalt in Europa zu stärken, sollten auch die Verhandlungen mit dem Vereinigten Königreich untergeordnet werden.

Klar ist aber auch: die Europäische Union muss an sich arbeiten. Europa kann seine Krise nur überwinden, wenn es seine Bürgerinnen und Bürger überzeugt. Dazu gehört, die sozialen Sorgen und Ängste der Menschen ernst zu nehmen und darauf zu reagieren. Und dazu gehört auch, dass Staats- und Regierungschefs die politische Bereitschaft haben, Defizite durch eine strukturelle Weiterentwicklung der EU zu beheben. Wir brauchen in Europa mehr Demokratie, mehr Transparenz, mehr soziale Gerechtigkeit, Wachstum und Nachhaltigkeit. Europa sollte von den Menschen nicht als bürokratischer Verwaltungsapparat empfunden werden, sondern als Chance.

Derzeit sind die Folgen des Brexit noch nicht absehbar und auch noch nicht, nach welchem Modell der Austritt vollzogen wird. Für den Finanzplatz London, die außenpolitische Bedeutung und für den inneren Zusammenhalt Großbritanniens wird die Entscheidung Auswirkungen haben, wie auch für den Aufenthaltsstatus von Millionen britischer und EU-Bürgerinnen und Bürger.