Elisabeth Scharfenberg, Mitglied im Deutschen Bundestag

Mitglied im Deutschen Bundestag

CETA – über das umstrittene Freihandelsabkommen muss auch der Bundestag abstimmen können

Zur Ankündigung des EU-Kommissionspräsidenten Juncker, das CETA-Abkommen mit Kanada als EU-only Abkommen einzubringen

01.07.2016

EU-Kommissionspräsident Juncker erweist der Europa einen Bärendienst, wenn er der Kommission am kommenden Dienstag den CETA-Vertragstext als EU-only Abkommen vorlegt. Das ist eine Entmündigung der nationalen Parlamente. Damit wären Bundestag und Bundesrat an der Ratifizierung nicht beteiligt. Dabei hat der Brexit doch eines deutlich gemacht: Wir brauchen mehr Mitsprache, nicht weniger. Um sich als Europäer zu fühlen, müssen sich die Menschen in Europa eingebunden wissen. Das heißt auch, dass die nationalen Parlamente ihren Einfluss gelten machen können. Nichts schadet dem Ansehen von Europa mehr als Alleingänge wie die von Junker. Im Bundestag will Angela Merkel ihrerseits nur ein unverbindliches Meinungsbild erstellen lassen. Das ist zu wenig.

Die Bundesregierung muss dafür eintreten, dass der Deutsche Bundestag über das Abkommen debattieren und entscheiden kann. Darum muss sie sich auch dafür einsetzen, dass das Abkommen in ein gemischtes Abkommen umgewandelt wird. Neben der EU würden dann alle Mitgliedstaaten als Vertragsparteien gelten. Somit müsste das Freihandelsabkommen auch in allen 28 Mitgliedstaaten ratifiziert werden. 

Doch Transparenz und Mitsprache sind von Juncker und den CETA-Befürwortern nicht gefragt, denn CETA ist umstritten. Darum muss die Bundesregierung das Freihandelsabkommen im Rat auch in der Sache ablehnen. Denn mit dem Abkommen drohen weitreichende Klageprivilegien für Konzerne in Form von Investor-Staats-Schiedsgerichten. Ausländischen Unternehmen werden so Rechtswege eingeräumt, die für Bürgerinnen und Bürger, inländische Unternehmen oder NGOs nicht gelten. Die Klage von Vattenfall gegen Deutschland wegen des Atomausstiegs ist nur ein Beispiel. 

Außerdem würde das europäische Vorsorgeprinzip geschwächt. Es sieht vor, dass politisch frühzeitig gehandelt werden kann, wenn nicht vollkommen geklärt ist, ob ein Produkt schädlich ist. Beim risikobasierten Ansatz von CETA und TTIP wird dagegen in Kauf genommen, dass Menschen und Umwelt Schaden nehmen. Eingegriffen werden kann danach erst, wenn der letzte Nachweis der Schädlichkeit erbracht ist. Das Hinnehmen einer möglichen Gesundheitsgefährdung ist jedoch nicht vereinbar mit der staatlichen Fürsorgepflicht.

Außerdem gerät die öffentliche Daseinsvorsorge in den Kommunen durch das Freihandelsabkommen unter Druck. Es entsteht ein Privatisierungsdruck etwa in so sensiblen Bereichen, wie der Versorgung mit sauberem und preiswertem Trinkwasser. Die Negativfolgen der Trinkwasserprivatisierung, wie Preisanstiege und Qualitätsverschlechterung, kann man in vielen europäischen Großstädten schon beobachten. Das darf nicht sein: Die kommunale Daseinsvorsorge, öffentliche und soziale Dienstleistungen, sowie die Infrastruktur sind sensible Bereiche. Sie machen die Lebensqualität in ihren Kommunen aus. Daher muss die öffentliche Daseinsvorsorge durch klare und umfassende Ausnahmen geschützt werden. Das wurde bisher im CETA-Abkommen versäumt.

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